Wenn es darum geht, im Rahmen der Energiestrategie 2050 des Bundes die Leitlinien der Energiezukunft festzulegen, spielt die Wasserkraft eine entscheidende Rolle, denn sie ist derzeit die mit Abstand wichtigste erneuerbare Energiequelle bei der Elektrizitätserzeugung. In diesem Sinn kommt die Publikation «Berner Wasserkraft» aus der Schriftenreihe der Gebäudeversicherung Bern gerade zur richtigen Zeit. Ziel war es jedoch nicht, auf die politische Diskussion der Wasserkraftnutzung im Detail einzugehen. Vielmehr wird mit der Entwicklung der Wasserkraft im Kanton Bern und den markanten Gebäuden der Wasserkraftwerksanlagen ein wichtiger Teil der Industriekultur beleuchtet.
Felix Frank, Geograf und Fachpublizist mit Schwerpunk Umweltwissenschaften und Technik, verfasste ein schmales Büchlein, das einen guten Überblick über die Berner Wasserkraft vermittelt. Die zahlreichen, grossformatigen Bilder ergänzen den Text in idealer Weise. Der knappe Umfang bringt es aber mit sich, dass viele Aspekte nur angetippt werden können.
Der Leserschaft werden dennoch einige interessante Einblicke vermittelt, etwa in die Anfänge der Wasserkraft. So war beispielsweise für die Erzeugung elektrischer Energie nicht nur die Industrialisierung eine wichtige Triebfeder, sondern auch der Tourismus in den noblen Kurorten. Elektrisches Licht war eine Attraktion und man sprach dort anstelle von «Kraftwerken» denn auch von «Lichtwerken». Der historisch interessierten Leserschaft, die sich näher mit Thema befassen möchte, wäre allerdings der eine oder andere Hinweis im Text zu weiterführender Literatur dienlich.
Auch wenn historische Aspekte angesprochen werden, liegt der Schwerpunkt der Publikation eher im naturwissenschaftlich - technischen Bereich. Die Chancen und Risiken der Wasserkraft aus gesellschaftlicher Perspektive werden zwar aufgegriffen. Der Konflikt mit dem Naturschutz um das Restwasser, das aus ökologischen Gründen unterhalb der Wasserentnahmestellen in den Gewässern verbleiben sollte, hätte aber etwas mehr Platz verdient. Denn gerade dieser Grundkonflikt scheint sich in letzter Zeit nämlich wieder zuzuspitzen. In diesem Zusammenhang wäre auch erwähnenswert, dass Ende 2012 die Frist zur gesetzlich vorgeschriebenen Sanierung der Restwasserstrecken abgelaufen ist. Bereits Anfang 2012 war absehbar, dass mehrere Kantone diese Frist nicht einhalten können. Wie der aktuelle Stand diesbezüglich im Kanton Bern aussieht, würde man natürlich gerne erfahren.
Zitierweise:
Lukas Denzler: Rezension zu: Gebäudeversicherung Bern (Hrsg.): Berner Wasserkraft – Die schönsten Seiten des Kantons Bern. Autor: Felix Frank. Bern: Stämpfli 2012. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 75 Nr. 3, 2013, S. 56-57.